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Hypetrain-Spagat

Mit "No Future" liefert Gosse die passenden Stichworte, um zur möglicherweise widerlichsten Story der Woche überzuleiten. Wir haben es alle mitbekommen: Cashmo hat Videoaufnahmen veröffentlicht, die während dessen Tour vor sechzehn Jahren in Bushidos Hotelzimmer entstanden sind. Sie zeigen Bushido, wie er auf eine junge, offensichtlich reichlich desorientierte junge Frau einschimpft, die halbnackt in seinem Bett liegt, während im Hintergrund diverse Mitglieder der Entourage des Rappers anzügliche Sprüche klopfen. So weit, so eklig.

Beeindruckend erbärmlich finde ich allerdings Cashmos Versuch, gleich auf zwei Züge aufzuspringen, die in entgegengesetzte Richtungen fahren: Zum einen möchte er offensichtlich die (berechtigte) Aufregung um DeutschrapMeToo mitnehmen, indem er seinen Kollegen vorführt und diskreditiert. Auf Rapper, die Frauen scheiße behandeln, guckt die Öffentlichkeit zur Abwechslung ja gerade kritisch. Zum anderen haut Cashmo die Bewegung aber, wohl, um es sich bei seiner diesem Trend (wahrscheinlich aus Gründen) nicht gerade positiv gegenüberstehenden Zielgruppe nicht zu verscherzen, erst einmal gründlich in die Pfanne, indem er von "Feministinnen und Schlipsträgern" faselt, die "von außen in unseren Hip Hop kommen" und den Leuten dort vorschreiben wollen, wie sie zu sprechen und sich zu benehmen haben.

Das Fass, wem dieser Hip Hop gehört und wieso ein komplett egaler Wurm wie Cashmo sich einbildet, er habe mehr Anrecht auf das Genre als ... sagen wir mal eine Visa Vie, mach' ich gar nicht erst auf. Dass es Cashmo weder um den Hip Hop noch um Frauen im Allgemeinen, und schon gar nicht um das Schicksal dieser speziellen jungen Frau im Besonderen geht, sondern einzig und allein um Aufmerksamkeit und Reichweite, macht ja schon deutlich, dass er die Veröffentlichung seines Enthüllungsvideos daran koppelte, dass sein Instagram-Account erst eine gewisse Followerzahl erreichen musste. Allein das tanzt schon Niveau-Limbo. Seine selbstgefällige Selbstinszenierung als süffisanter Kommentator des Gezeigten setzt dem Eindruck noch die Krone auf.

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