laut.de-Kritik

Schwarzkittel-Hits voller maskuliner Postpunkpower.

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Mit "Exploding Head" lancierte das Trio so etwas wie die Erfindung der totalen Bombe. Brachial und todbringend. Die folgende EP dagegen bot kaum mehr als einen Appetitmacher. Mit "Worship" betreten A Place To Bury Strangers nunmehr einen neuen Raum ihrer Dunkelheit.

Die ersten Alben bildeten vornehmlich eine Ansammlung von Strategien gegen musikalisch althergebrachte Architekturen. Hier neigt sich das Pendel indes eindeutig in Richtung eingängigere Finsternis. Das Motto: Abrocken wie die Hölle? Klar, immer! Aber bitte in gothisch gewandeter Noblesse.

Diese neue Hinwendung zu klareren Songstrukturen könnte man höchstens mutwillig als Kommerzialisierung missverstehen. Im Gegenteil: Erst die Straffung hebt die Unberechenbarkeit ihrer Ausbrüche als Stilmittel besonders hervor. Anspieltipp: "Revenge"

Selten eignet sich Musik gleichsam zu Folter wie Seelenmassage. "Worship" gelingt hier die Quadratur des dramaturgischen Kreises: elf knackige Hits, allesamt rhythmische wie melodische Brecher. Bislang waren die Hitqualitäten von Songs wie "Exploding Head" eher vereinzelt. Hier können sie sich allesamt dort einreihen. Meistens sogar tanzbar. Der letzte Song klingt diesbezüglich besonders. Er bringt als echte Sisters-Hommage die nötige, extrem fette 'Body Electric' mit. Fertig ist der Schwarzkittel-Hit.

A Place To Bury Strangers geben sich gleichwohl nicht ein Sekunde lang sklavischem Epigonentum hin. Das unheilvolle, nahezu cellistische Vibrieren samt trüber Sepiatönung der Klangfarbe machen den Track jederzeit als typische APTBS-Produktion erkennbar. Der Tanz auf dem Seil gelingt souverän.

Beim herrlich schwebenden "Dissolve" hört man durchaus heraus, dass Ackermann unter anderem als Soundlieferant für U2 fungiert. An anderer Stelle lugt hie und da ein Nine Inch Nail-Schnipsel aus der Kiste für den anderen Stammkunden, Trent Reznor. So bleibt der APTBS-Boss nebenbei sogar bandbreitenmäßig der Effektgott im Showbiz. Kein Wunder, dass der Brooklyner nie auch nur einen Gedanken an Produzenten und Knöpfchendreher verschwendet. Hat ohnehin keiner besser drauf als er.

Entsprechend beindruckend zu sehen, wie A Place To Bury Strangers gelernt haben, ihr Knüppel-aus-dem-Sack-Inferno derart pointiert in lässiger Radio-Single-Spieldauer zu entfesseln und dieses zugunsten des jeweiligen Liedes stets punktgenau zu deaktivieren. Wie sie zum Beispiel auf "Why I Can't Cry Anymore" inmitten der schönsten Harmonie nach etwa 100 Sekunden kurz die Big Black-Gitarren auspacken und diese wie Klingen zum Sezieren ansetzen, sollte man nicht verpassen. Es lohnt sich.

Auch wenn bei "You Are The One" oder "Mind Control" ebenso Joy Divisions "Lost Comtrol" wie Bauhaus' "Lagartija Nick" Pate stehen: Ich persönlich ziehe diese Band anderen ebenso feschen Nachkommen à la Interpol und Co. vor. Das große Plus der Totengräber nämlich besteht in der Errungenschaft, den Postpunk gleich in mehrere neue Genres und damit als Avantgarde gen Moderne zu führen, ohne zu nerven.

Haken und Ösen im Klangbild bescheren ihnen die Freiheit, an anderer Stelle unverschämt indie-poppige Melodien zu nutzen. Die Gefahr einer geringen Halbwertszeit der Lieder durch schnelles Überhören bleibt somit vor der Tür. Wer nach soviel maskuliner Postpunkpower die gleiche Brutalität aus weiblichem Munde genießen möchte, dem sei der ebenfalls taufrische Dämon Light Asylum wärmstens empfohlen.

Trackliste

  1. 1. Alone
  2. 2. You Are The One
  3. 3. Mind Control
  4. 4. Worship
  5. 5. Fear
  6. 6. Dissolved
  7. 7. Why I Can't Cry Anymore
  8. 8. Revenge
  9. 9. And I'm Up
  10. 10. Slide
  11. 11. Leaving Tomorrow

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4 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    schönes album. und bei den gitarren fx macht keiner der band was vor. der letzte song sticht in der tat mit dem treibenden elektro beat und dem geilen, melodischen aber gleichzeitig unterkühlten gitarrenriff hervor.

  • Vor 12 Jahren

    also des Anwalts Wortschöpfungen verwirren mich. Nun solange nicht in umtitelbarer Wortnähe die Begriffe Stoner und Pop fallen, ist aber alles in Ordnung :D

  • Vor 12 Jahren

    In der Tat ein gutes Album, aber kein alles überragendes Album. Meine Ersteindrücke waren etwas unterkühlt, aber nun fällt es meiner Meinung im Vergleich zu den Vorgängern nicht mehr ganz so stark ab. Insgesamt klingt es etwas geschlossener und homogener, aber bis auf Leaving Tomorrow fehlen die Überhits. And I'm Up ist der schlechteste Song in der Bandgeschichte und der Gesang könnte ab und zu mal seinen Über-den-Flur-Charakter verlieren. Aber das ist MEckern auf hohem Niveau. Das wärs.

  • Vor 12 Jahren

    Oh - Jesus Mary Chain haben ein neues Album draussen...