laut.de-Kritik

Endlich: Das Musical-Debüt von Dr. Angelika Hasenbein.

Review von

Wendy ist ein kleines Mädchen, das Pferde liebt. Sie lebt mit ihrer Familie auf einem Ponyhof und hat ein Lieblingspferd namens Mocca. So weit, so gut. Hört sich alles noch verdächtig nach einem bekannten Heftchen für zickige, kleine Gören an. Helge Schneider lässt diese rosarote Pferdchenwelt in "Mendy - Das Wusical" jedoch zum surrealistischen Wahnsinn mutieren: Wendys Mutter, Lady Mamma, hat eine Affäre mit dem Stallknecht. Der Vater sitzt im Rollstuhl und will Mocca an den Schlachter verscherbeln - schließlich braucht er neue Reifen für seinen weißen Porsche! Währenddessen erschlägt Lady Mamma ihren Stallknecht versehentlich mit einer Axt.

Die zerstückelten Überreste werden in blauen Müllsäcken vor der Polizei versteckt. Wendy will sich für ihren Lieblingsgaul und die neuen Reifen opfern. Sie geht mit dem rinderwahnsinnigen Fleischer und wartet mit den anderen todgeweihten Tieren (u.a. Zensi, die Kuh mit der Nagelbettentzündung) auf der Schlachtbank. Wendys Vater will seine Tochter in allerletzter Sekunde vor dem mörderischen Bolzenschussgerät retten, doch plötzlich steht der ganze Schlachthof in Flammen ...

Wie wird es wohl weitergehen? Werden Mocca und Wendy sich jemals wieder in die Arme (Hufe) schließen können? Und wieviele Menschen müssen noch für neue Porschereifen sterben? Diese und andere Fragen behandelt der Facharzt für unheilbaren Irrsinn und chronischen Schabernack, praktizierend unter dem Namen Dr. Angelika Hasenbein, in seinem eigenen Musical. Die "singende Herrentorte" hatte bei diesem Projekt nicht nur die musikalischen Fäden in seinen Griffeln, sondern schrieb auch das Drehbuch und war bei den Proben mit dabei.

Zwar wäre es wünschenswert gewesen, Helge selbst in einer Rolle zu sehen (etwa als ballettbegeistertes Brauereipferd), jedoch feierte die Inszenierung auch ohne seinen Schöpfer große Erfolge: Vom 17. April 2003 bis zum 21. Juni 2005 lief "Mendy - Das Wusical" in 50 Aufführungen über die Bühne des Schauspielhauses Bochum - und nahezu jedes Mal fanden die vor Lachen völlig verkringelten Zuschauer nur für Standing Ovations wieder auf die Füße.

Für alle, die dem herrlich sinnfreien Spektakel nicht live beiwohnen konnten, wurde die vollschlanke Lady Mamma mit Anhang nun in eine kleine, silberne Scheibe gepresst. Eine Schwerstarbeit, die sich gelohnt hat: "Mendy - Das Wusical" dürfte nun als DVD im Regal eines jeden Katzenklofachgeschäftes stehen und enthält außer dem Musical eine Menge unterhaltsamen Schnickschnack.

Natürlich ist alleine das Musical schon der Hammer! Helge sagt dem typischen, klicheebehafteten Genre des Schauspielsingsangs endgültig den Kampf an. So erschafft der Spaßvogel aus dem schönen Mülheim eine Frühstückstischkonversation mit der Harmonie einer springenden Schallplatte (Lady Mamma: "Wie wars in der Schule" / Wendy: "Gut" / Lady Mamma: "Was sagt der Lehrer?" / Wendy: "Nix" - und das in fünffacher Wiederholung!), nennt ein Pferd "Dr. Rainer Klimke" und Ludwig Van Beethoven ein "kleines, pickliges Chauvinistenschwein". Die Kostüme von Su Bühler verleihen diesem halluzinogenen Kasperltheater den letzten Schliff.

Mein Lieblingsoutfit präsentiert die cholerische Operndiva Lady Mamma und es besteht aus einem altweißen Korsett mit unzähligen Strumpfhosen und einer orthopädischen Kniestütze - dicht gefolgt von der nicht mehr rentablen Muh-Kuh, die Chroissants als Hornersatz trägt. Famos ist auch die musikalische, meist jazzige Begleitung der Theaterband. Diese besteht aus drei Senioren in roten Reiterjacketts und -helmen. Ob es sich allerdings um die "alten Wurstgesichter mit den unterlaufenen Augen und den unter den Achseln kneifenden, zu engen Jäckchen" (eine seiner Tourbands) handelt, ist nicht explizit angegeben. Ich vermute aber schon.

Auf der sonnigen Bonus-Seite räkelt sich zunächst "The Waking Of Mendy" der allgemeinen Aufmerksamkeit entgegen. Das Erwachen zeigt Herrn Schneider bei den Proben mit den Schauspielern. Natürlich hat der Berufschaot nur Flausen im Kopf und düst zum Beispiel während den Gesangsproben mit einem Rollstuhl durch die Gegend, fuchtelt wild mit seinen Händen und schlägt hinter den Köpfen der Jazzveteranen ein paar Becken sehr geräuschvoll zusammen. In "Mendys Ursprüngen" erheitert Helge bei Live-Auftritten mit dem besagten Zickige-Gören-Magazin und führt die ersten musikalischen Blüten seiner Mendy-Idee vor. Gut, dass er noch etwas an dem Konzept gefeilt hat und letztendlich doch keine "zwölf schwarzgekleideten Stepptänzer auf die Bühne fallen".

Desweiteren gehört eine Biographie und ein Ausschnitt aus dem Hörbuch zum "Mendy-Wusical" dazu. Weniger gelungen sind leider die beiden Animationsfilme "Der Rabe" und "Arbeitsamt". Die grob zusammen geschusterten 3-D-Figuren nehmen den Orignalaufnahmen der Sketche den Wind aus den Segeln, zurück bleibt nur eine witzlose Hülle aus computergeneriertem Pixelstaub. Trotz animierter Unschönheiten ist diese DVD nur zu empfehlen. Die Schauspieler sind göttlich und die Geschichte um Wendy und Mocca ist noch viel besser. Hier hat sich Schneider wieder einmal selbst übertroffen!

Trackliste

Mendy - Das Wusical

Bonus

  1. 1. The Waking of Mendy
  2. 2. Mendys Ursprünge: Helge Live
  3. 3. Mendy - Hörbuchausschnitt

Extra-Bonus

  1. 4. Helge Schneider Biographie
  2. 5. Animationsfilm: Der Rabe
  3. 6. Animationsfilm: Das Arbeitsamt

Extra-Bonus

  1. 4. Helge Schneider Biographie
  2. 5. Animationsfilm: Der Rabe
  3. 6. Animationsfilm: Das Arbeitsamt

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