Mit 7,1 Prozent der Stimmen hat die schwedische Piratenpartei den Einzug ins Europaparlament geschafft.

Stockholm (vog) - Sensation in Schweden bei der gestrigen Wahl zum Europaparlament: Aktuellen Auswertungen des schwedischen Senders Sverige Television zufolge erreicht die schwedische Piratenpartei aus dem Stand 7,1 Prozent der Stimmen. Die Altersgruppe der 18- bis 30-Jährigen sprach den Vorkämpfern für ein liberales Internetrecht mit 19 Prozent ihr Vertrauen aus. Insgesamt gaben 12 % der Männer und 4% der Frauen ihre Stimme für die Piratenpartei ab.

Großer Zuspruch bei jungen Wählern

Laut Politik-Professor Sören Holmberg stellt die Piratenpartei bei den jungen schwedischen Wählern die stärkste Kraft, noch vor den Sozialdemokraten und Konservativen. Der Rechtsstreit um Pirate Bay und die Verurteilung von vier Verantwortlichen des Torrent-Portals rückte die Belange der Piratenpartei teilweise ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Die Sympathie für den Einsatz für stärkere Rechte der Internet-Nutzer und den freien Informationsaustausch im Netz stieg nach der Geldstrafe und einjährigen Haftstrafe für Sunde, Neij, Svartholm und Lundström stark an.

Fraktionszwang oder eigene Interessenvertretung?

Ein Sturm der Begeisterung brandete nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen in der Parteizentrale auf: Mit 7,4 Prozent konnte man sich Hoffnung auf zwei Sitze im Europaparlament machen. Der Revidierung um 0,3 Prozentpunkte bedeutet, dass die Partei nun doch nur einen Sitz für sich reklamieren kann. Der Nachrichtenagentur TT gegenüber sprach der Parteivorsitzende Rick Falkvinge dennoch von einer politischen Sensation.

Europaweit konnten die konservativen Parteien und ihr fraktionärer Zusammenschluss im Parlament die meisten Stimmen verzeichnen. Nun steht die Frage im Raum, welcher Fraktion sich die schwedische Piratenpartei anschließen wird. Mit der Reform des Urheberrechts und der vagen Forderung nach einer Demokratisierung der EU und der Aussage des Spitzenkandidaten Christian Engström, sich ausschließlich für eigene Fragen einzusetzen, grenzt man den Interessenbereich stark ein.

Dürftiger Zuspruch für deutschen Ableger

In Deutschland schnitt die Piratenpartei schlechter ab, hatte aber auch kein so großes öffentliches Forum vorzuweisen wie ihre schwedischen Kollegen. Laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis liegt die Piratenpartei bei 0,9 Prozent der Stimmen. Von Seiten der Partei hieß es, dass man gerade in Universitätsstädten einen "sehr guten Stand" habe: "Freiheitsliebende, technisch versierte junge Menschen, die gegen eine restriktive Symbolpolitik sind, fühlen sich durch uns vertreten."

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78 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Wenn dies wirklich so wäre, dass alles frei und kopierbar ist, hätten kleine Labels erst recht keine Chance im Markt zu bestehen, da sie die Kosten für Marketing, Vertrieb, Equipment, Lohn nicht abdecken können. Wo würde da eine Konkurrenz bestehen, die sich gegenseitig zu Höchstleistungen aufpusht. Der Markt würde nur noch mit Plastikprodukten und schlechten Pop überschwemmt. Konzertpreise würden in die Höhe steigen, CD´s werden nur noch in sehr kleinen Einheiten hergestellt. Der Gedanke des Gesamtkunstwerkes würde allmählich in den Hintergrund gerückt. Musik würde zu einer Konsum- und Massenware verkommen, die man sich innerhalb weniger Sekunden irgendwo mal so schnell ziehen kann. Profitieren würden nur die Bands, die sowieso schon genug auf den Konto haben und tausende Zuschauer zu überteuerten Preisen in die Stadien ziehen. @ Paranoid Android: Willst du das wirklich?

  • Vor 15 Jahren

    es geht doch wahrscheinlich eher darum, dass solch absurde verurteilungen, wie gerade in amerika durchgeführt, verhindert werden.
    oder ist hier tatsächlich jemand der meinung, dass man zu astronomischen summen schadenersatz verurteilt werden sollte, wenn man mp3 files zur verfügung stellt ohne sich selbst dabei zu bereichern?

    @olsen: nein, bin kein parteimitglied.

  • Vor 15 Jahren

    Nein. Wenn man aber etwas kostenlos zur Verfügung stellt und keine Lizenz dazu besitzt, richtet man einen gewissen Schaden an. Dabei schützt auch juristisch Unwissenheit nicht. Man muss da schon abwägen, was für Gewinn für den Künstler verloren geht oder verloren gegangen wäre, wenn man geistiges Eigentum ohne Erlaubnis verbreitet. Der entstandene Schaden ist imho durchaus zu ersetzen, falls es zum Prozess kommt. Dieser sollte aber nach geldlicher und individueller Situation schon verhältnismäßig sein. Es geht doch gerade darum, dass in solchen Fällen die großen Plattenfirmen wieder mal geldgierig sind und den Hals nicht voll genug bekommen. Das Urteil ist ein Justizskandal. Die zu zahlende Summe steht absolut nicht im Verhältnis zum entstandenen Schaden. Von Verhältnissmäßigkeit kann also keine Rede mehr sein, aber das amerikanische Rechtssystem erlaubt dies leider. Auch für die Anwälte scheint solch ein Prozess sehr lukrativ zu sein. Die Künstler bekommen da sowieso keinen Cent zu sehen.