Das 20. Southside war wieder ein schönes Festival - auch wenn Headliner wie Arctic Monkeys oder The Prodigy nicht alle überzeugten.

Neuhausen o.E. (emi) - Mehr als 100 Bands spielten am Wochenende beim Southside Festival auf vier Abende und vier Bühnen verteilt im Take-Off Gewerbepark bei Neuhausen. Dabei konnten Southside-Besucher Gummistiefel und Regenjacke dieses Mal getrost Zuhause lassen. Dank einem Kältetief war das Wochenende absolut Unwetter-sicher. Dafür sanken die Temperaturen nachts in den einstelligen Bereich. Schlau, wer den übrigen Stauraum für einen dicken Schlafsack genutzt hat.

Während am Freitagmorgen die neu eingeführten Warn-Sirenen getestet werden, ziehen Festival-Gänger fröhlich ihr Camping-Equipment durch die Gepäck-Kontrollen - ob auf der Sackkarre, in der Mülltonne oder, ganz provisorisch, im Bettbezug. Die Sonne scheint, die Secus sind gut aufgelegt und die Stimmung dank Vorfreude perfekt.

Drangsal ist nicht nur einer der ersten auf der Bühne, es ist auch, wie er sagt, "unser kollektives erstes Mal, also bitte seid sanft." Passenderweise springt er zu "1000 Und Eine Nacht" von der Bühne und geht mit dem Publikum auf Tuchfühlung.

Verwirrung auf der Red Stage

Die Briten von The Hunna dürften sich derweil gefragt haben, was eigentlich mit den Deutschen los ist. Als sich das ganze Publikum auf einmal hinsetzt, ist Frontmann Ryan Potter sichtlich verwirrt. Beirren lässt sich die Band aber nicht und reißt mit Bonfire die Red Stage ab. Auch The Vaccines lassen nichts zu wünschen übrig, löst sogar einen richtigen Publikums-Stau vor dem Zelteingang aus.

Das Highlight des Freitagabends liefern aber Kraftklub, für die schon lange vor Konzert-Beginn die Massen in Richtung Green Stage strömen. Ganze 50.000 Fans versammeln sich laut Veranstaltungsleitung für die Chemnitzer. Die Begeisterung, mit der Felix Brummer das Publikum anstrahlt, steckt an. Hinter den Musikern steht zum ersten Mal diesen Sommer auch noch ein ganzer Trupp tanzender Fans in roten Jacken auf der Bühne. Den Süddeutschen stellt die Gruppe sich so vor: "Wir sind die aus den neuen Bundesländern. Seit 28 Jahren machen wir uns einen Fetten von eurem Solidaritäts-Zuschlag. Aber wir sind heute hier, um euch was zurückzugeben Southside!"

Weltmeisterschaft mal anders

Was für Fans einen Gelände-Verweis bedeutet, macht Kraftklub zur Sportart: Bei der selbst erfundenen Crowdsurf-WM schafft es Bassist Till Brummer am schnellsten, sich über das Publikum bis zur Bühne zu rollen. Was die Gruppe mit Marteria, Broilers, Drangsal und Madsen vereint? Sie alle nutzen die Bühne um sich gegen Nazis, Frauenfeindlichkeit, Rassismus und Homophobie auszusprechen. Und ernten dafür heftigen Applaus.

Vielleicht leiden die Arctic Monkeys wenig später unter dem Vergleich mit Kraftklub, vielleicht unter den hohen Erwartungen an den Headliner. Musikalisch sind die Briten zwar gut, aber an Interaktion mit dem Publikum mangelt es. Ohne ein Wort geht die Gruppe von einem Song in den nächsten über. Schon nach einer halben Stunde wandern viele Zuschauer ab, einige wohl zu Portugal. The Man, die auch den unfairen Vorteil haben, in einem wesentlich wärmeren Zelt aufzutreten.

Als letzter Act spielen Arcade Fire, die trotz Kälte eine tolle Show abliefern. Anschließend geht die Party auf der White Stage weiter, wo beim Dj Collective bis um fünf Uhr morgens die Bässe wummern. Dementsprechend verschlafen blinzelt einem das Southside am Samstagmorgen entgegen. Frisch aus dem Schlafsack gepellt versuchen es die einen mit dem Konterbier, die anderen machen Frühsport, um den Kater loszuwerden. Inklusive Coach im 80er Trainigsanzug, der auf der Landebahn zu Bauchmuskel-Crunches animiert.

Grüner Nebel - Marsi ist da!

Sobald die Sonne da hervorkommt, wird es auch wieder gut heiß, so dass Tom Walker und Chvrches vor einem Meer aus Sonnenhüten spielen. Auch Jungle bringen "The Heat" auf die Bühne. Am frühen Abend staut es sich am Eingang West zum ersten Mal, weil alle schnell vom Festivalgelände weg wollen. Der Grund: Das Public Viewing Deutschland gegen Schweden auf der Landebahn. Hier wird bis zum Schluss mitgefiebert. Mit einem Bier im Campingstuhl und der Aussicht auf einen Abend voller Live-Musik kann man das aber auch entspannt sehen.

Für Anspielungen auf das gewonnene Spiel erntet Marteria später am Abend natürlich grenzenlosen Jubel. Der Rapper geht während seines Auftritts wohl durch mehr Outfits als jeder andere Act und holt für drei Songs als Marsi auch noch die grüne Maske raus. Die Fans sind begeistert und können bei "Scotty Beam Mich Hoch" mitgröhlen und zu "Lila Wolken" die Handy-Taschenlampe schwenken. Wild getanzt wird dagegen eher bei Two Door Cinema Club, während RIN das Zelt der Red Stage zum Platzen bringt, bis keiner mehr rein darf.

Abschied tut weh

Am Sonntag herrscht bei manchen schon Aufbruchsstimmung, andere wollen den letzten Tag noch in vollen Zügen genießen. Doch die Wolkendecke bricht nicht so richtig auf und die Musiker haben mit technischen Problemen zu kämpfen. Massendefekt berichten von einer Autopanne, so dass sie es gerade noch rechtzeitig zum Gig geschafft haben. Bei SXTN fällt kurz darauf Nuras Ear-Piece aus und sendet ihr nur noch ein Rauschen ins Ohr.

Da erwartet man das Schlimmste, als Sascha Madsen auf der Bühne total ausrastet. Aber er freut sich nur: "Ahhh, ich bin stinksauer, dass wir hier nicht noch drei Stunden weiterspielen können", ruft der Sänger ins Mikro und die Fans stimmen ihm mit Beifall zu. Auch die in Berlin ansässigen Australier von Parcels begeistern mit ihrem Disco-Soul und den aus den Siebzigern entsprungenen Outfits.

Nachdem die meisten Zelte abgebaut und Müllsäcke eingesammelt sind, rocken The Prodigy und Justice noch mal so richtig das Gelände. Und doch schwingt schon ein bisschen Wehmut mit, dass das Festival sich dem Ende zuneigt. Wem der Abschied schwer fällt, dem dürfte der Start des Vorverkaufs für das Southside 2019 heute Abend ein Trost sein.

Fotos

Southside 2018 Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände.

Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Annika Junge) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Annika Junge) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Annika Junge) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich) Die schönsten Bilder vom Festival-Gelände., Southside 2018 | © laut.de (Fotograf: Emilia Göttlich)

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2 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    War da nicht zuerst „Stau gab es nur beim Schweden Spiel“ odersoähnlich der Aufmacher?
    Und wieso hat der Text so überhaupt nichts mit der neuen Überschrift zu tun?
    Also dann macht es doch richtig
    „Rihanna zieht sich auf der Bühne komplett aus“, „Angela Merkel eröffnet Festival und kündigt Rücktritt an“....“8 kg Nackensteaks jetzt nur 16,99“....ist ja eh alles egal tut euch keinen Zwang an

  • Vor 6 Jahren

    Gerne bisschen kritischer das nächste Mal.
    Genauso lahm wie eure Headline war nämlich auch das Festival. Das Line-Up liest sich wie vor 10 Jahren, beim Schwesterfestival Hurricane kommen schon weniger Leute. Die Stimmung ist lasch, immer weniger Leute kommen zu den Bühnen. Die Sicherheitsvorkehrungen werden immer restriktiver, die Tickets immer teurer. Man läuft mittlerweile zwei Kilometer von Zelt zur Bühne und darf sich dort nicht mal mehr einen Tetrapack Wasser mit hin nehmen. Damit man Sponsor Becks Plastikbecherbier für 5 Euro pro halben Liter abkauft. Seine Habseligkeiten muss man einem transparenten Plastikbeutel mitführen. Andere Taschen sind verboten. Publikum geht auch immer mehr den Bach runter. Naja...