laut.de-Kritik

Orchesterprojekt des Goldfrapp-Grüblers.

Review von

Will Gregory hat seine Meriten zuvorderst als der hintergründigere Teil von Goldfrapp verdient. In jüngster Zeit nehmen seine Solo-Ausflüge wieder zunehmend Raum ein, wie es schon in seiner Peter-Gabriel-Phase Anfang der 00er-Jahre der Fall war. Vielleicht auch einer der Gründe für Alisons Solowerk im Jahr 2023. Bislang beschränkte sich der Brite im Wesentlichen auf Soundtracks. Schon seit 2005 aber unterhält er mit dem Will Gregory Moog Ensemble, ein - der Name sagt es - Moog-Ensemble.

Zu diesem gehören mit seinem Langzeitkollaborateur Adrian Utley (Beak>, Portishead), Simon Haram und vielen hochangesehenen Namen zwischen Komposition und bildender Kunst weniger klassische elektronische Künstler. Bislang trat diese eher lose Gruppe nur vereinzelt auf, nun liegt das mit dem Nationalorchester Wales aufgenommene Debüt "Heat Ray" vor. Der Subtitel "The Archimedes Project" verrät es umgehend: Irgendwie soll es um Archimedes gehen. Das ist, mit Verlaub, ausgesprochener Quatsch, den auch die wenig subtilen Songtitel suggerieren. Die Frage steht im Raum: Ist das Moog Orchester nun in Gänze Jux und Dollerei, und falls ja, ist es wenigstens spaßiger Quatsch?

Fangen wir, wie zumeist im Leben, mit der Enttäuschung an: Das Album hört sich ob der beteiligten Personen, der Menge derselben, des Konzepts und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten über alle Maßen gewöhnlich an und erinnert in weiten Strecken an einen Soundtrack. "Young Archimedes" ist hübsche, leichte Kirchenmusik mit Sci-Fi-Einschlag. Würde gut zu einer ruhigeren Erkundungspassage für das neue "Mass Effect" passen. "Law Of The Lever" bringt etwas gepflegte Wohnzimmer-Dramatik, wie sie orchestral nun mal meist in Studioform klingt.

"The Claw" ist ähnlich vernünftige, moderne Orchestermusik, eher für die kleinere Besetzung und mit elektronischem Interesse, aber ohne Alleinstellungsmerkmal. "The Sand Reckoner" fällt disparat aus, mit schwächer und stärker anziehenden Stellen. Das reicht nicht ganz für Unterhaltungsmusik, und ist eher eine Aneinanderreihung von Ideen, die im Endeffekt wie "Archimedes' Legacy" harm- und saftlos angenehm vorbei zieht, ohne Spuren zu hinterlassen.

Wieviele Moogs oder auch nur Musiker nun zu hören sind, entzieht sich meist der Kenntnis des Hörers, die Scheibe wirkt meist wie Orchester plus Elektronik. Ausnahme: "Bouyancy Theory", das jedoch zu eindimensional und wenig überraschend ausfällt. Nur auf "Archimedes' Screw" fehlt das Orchester gänzlich, besonders hervorstechen kann der Track gleichwohl erst gegen Ende, als er Druck aufbaut und die Wucht des Einsatzes endlich mal spürbar wird und nicht so platt ausfällt wie auf dem künstlerisch vielleicht wertvollen, aber unhörbaren "Heat Ray". Abgesehen hiervon fällt es schwer, zu verstehen, wie sich das Moog Orchestra eigentlich anhören, anfühlen soll. So viel Konzept, aber so wenig zielführende Vision.

Trackliste

  1. 1. Young Archimedes
  2. 2. Buoyancy Theory
  3. 3. Circles, Spirals And Pi
  4. 4. Law Of The Lever
  5. 5. The Claw
  6. 6. Archimedes' Screw
  7. 7. Heat Ray
  8. 8. The Sand Reckoner
  9. 9. Archimedes' Legacy

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