Ein US-Bundesgericht macht sich zum Gehilfen der Industrie und verdonnert eine Musikpiratin zu absurd hohem Schadensersatz.

Minneapolis (vog) - Das Wiederaufnahmeverfahren gegen die von der US-Musikindustrie wegen Urheberrechtsverletzung verklagte Jammie Thomas-Rasset endete mit einem harten Urteilsspruch: Nachdem die Geschworenen des Bundesgerichtes von Minneapolis Jammie Thomas-Rasset des Verstoßes gegen das Urheberrecht für schuldig befanden, wurde die Mutter von vier Kindern wegen der illegalen Verbreitung von 24 Musiktiteln über Filesharing-Netze zu Schadensersatz in Höhe von 1,9 Millionen Dollar verurteilt.

Die US-Labelvereinigung RIAA hatte der 31-Jährigen vorgeworfen, über den Filesharing-Service Kazaa 1.700 Musik-Dateien verbreitet zu haben. In 24 Fällen wurde sie schuldig gesprochen. Dabei war für das Gericht entscheidend, dass Thomas-Rasset die Tracks in ihrem Share-Ordner abgelegt hatte, der für andere Kazaa-Nutzer zugänglich ist.

In erster Instanz war Thomas-Rasset noch zu lediglich 220.000 Dollar Schadensersatz verurteilt worden, knapp 9.300 Euro pro Song. Nun wurde jeder einzelne Verstoß mit einer Strafe von 80.000 Dollar geahndet. Eine utopische Summe für die vierfache Mutter, bedenkt man, dass ein regulärer Kauf der Musikstücke gerade einmal 99 Cent gekostet hätte.

30.000 Fälle, ein Urteil

Die Höhe des Schadensersatzes überrascht auch deshalb, weil sich in über 30.000 ähnlichen Fällen Beklagte und Musikindustrie in Vergleichen auf deutlich niedrigere Summen geeinigt hatten. Wer nicht versuchte, sich vor Gericht zu wehren, kam meist mit etwa 3.500 Dollar Schadensersatz pro Song davon.

Der Fall der Jammie Thomas-Rasset ist der erste, in dem es tatsächlich zu einem Urteil gekommen ist. Offenbar wollte das Gericht mit seiner Entscheidung ein abschreckendes Exempel für alle Musikpiraten statuieren. Die Richter hätten allerdings theoretisch auch einen noch höheren Schadensersatz anordnen können - laut Gesetz sind bis zu 150.000 Dollar/Song möglich.

Thomas-Rassets Anwalt kündigte bereits Berufung an. Die Verteidigung stützte ihre Argumentation auf einen Lücke in der Indizienkette der Kläger. Den Nachweis, wer zur fraglichen Zeit den PC tatsächlich genutzt habe, könne die Musikindustrie nicht erbringen.

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Musikpiraterie Hohe Strafe für Filesharing

In den USA wurde eine Kazaa-Nutzerin zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt, weil sie illegale Downloads verbreitet haben soll. Ob sich die Urheberrechtsklagen der Plattenfirmen gegen Filesharing wirklich lohnen, bleibt umstritten.

257 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Hurensöhne - verdammt peinliches Urteil in völlig chaotischem Kontext.

  • Vor 15 Jahren

    Was mich mal wirklich interessieren würde: Darf man eigentlich einzelne Menschen aus einer Menge an Beklagten herauspicken, um dann an diesen ein Urteil zu vollstrecken. Eigentlich ist das doch so, als würden 20 Leute bei rot über die Straße laufen und nur 2 kriegen eine Strafe.
    An sich müssten die Strafverfolgungsbehörden doch versuchen alle Downloader zu belangen und nicht nur die, die sie durch Zufall erwischen. Das wäre durchaus möglich, wenn sich mehrere Hundertschaften an die Rechner setzen...

  • Vor 15 Jahren

    Oh Mann, ich kann diese ganze Filesharing Horror Meldungen langsam wirklich nicht mehr lesen.
    Die meisten sollten es doch langsam gecheckt haben dass Emule oder Kaaza äusserst unsicher sind.
    Oder ist diese Fall schon mehrere Jahre alt und kam erst jetzt zum Urteil, ... !?

  • Vor 15 Jahren

    @Sodhahn (« @lautuser («
    Wat? Du sagst doch die Liebe wäre weg, weil jetzt alles digital ist - dem habe ich entgegnet. »):

    falsch, ich habe versucht dir klarzumachen das es bei einer diskussion über filesharing nicht nur um die frage des geldes geht. »):

    Ja, gut. Und? Stimme ich Dir zu, es geht in erster Linie um Kunst und wie sie entgeltlich oder unentgeltlich den Weg zum Fan findet. Oder mit und ohne Industrie.

  • Vor 15 Jahren

    @lautuser (« Als Künstler kann man sich jedoch auch selbst finanzieren, jeder wie er mag. »):

    Allerdings kann man sich auch als Nichtkünstler eine Klampfe kaufen und selber spielen.

    Warum sollte ich als Musiker dir meine Musik geben? Wenn du etwas von mir nimmst, finde ich es nur gerecht, wenn du mir auch etwas zurückgibst.

    Solange hier keine Aussage kommt wie: "Die Gesellschaft sollte allen Künstlern einen angemessenen (was immer das konkret heißt) Unterhalt garantieren dafür, dass sie unser Leben bereichern", ist das doch recht fadenscheinig.

  • Vor 15 Jahren

    @Thelema (« @lautuser (« Als Künstler kann man sich jedoch auch selbst finanzieren, jeder wie er mag. »):

    Allerdings kann man sich auch als Nichtkünstler eine Klampfe kaufen und selber spielen.

    Warum sollte ich als Musiker dir meine Musik geben? Wenn du etwas von mir nimmst, finde ich es nur gerecht, wenn du mir auch etwas zurückgibst.

    Solange hier keine Aussage kommt wie: "Die Gesellschaft sollte allen Künstlern einen angemessenen (was immer das konkret heißt) Unterhalt garantieren dafür, dass sie unser Leben bereichern", ist das doch recht fadenscheinig. »):

    Ja, klar. Wenn jemand überzeugt, gebe ich ihm gerne mein Geld für die Musik oder ein Konzert, das steht doch gar nicht zur Debatte.

    Es ging darum, ob eine Musikindustrie in der aktuellen Form verzichtbar wäre, oder nicht.